Erziehung der Kinder zu einem neuen Bewusstsein gegenüber der Natur und ihren Lebewesen in einer immer noch einzigartig reizvollen, natürlichen Umwelt. Ein kreativer und nachhaltiger, anstelle eines destruktiven Umgangs mit der Natur soll erfahrbar gemacht werden. Um das noch zu steigern, soll eine bisher wenig beachtete Reflexion und Einstellung gegenüber dem eigenen Leben angeregt werden.
„Ginge es in diesem Projekt allein darum, Bäume zu pflanzen, Gärten anzulegen, Brot mit den Kindern zu backen (es besteht dort daran ein Mangel) und einen Unterricht mit bisher unbeachteten Impulsen anzubieten, dann wäre das eine Fortsetzung unseres seit dem Jahre 1998 geleisteten Beitrags. Um die geplante langfristige Perspektive zu illustrieren, müsste eine den Rahmen dieses Konzepts sprengende, ausführlichere Darstellung der Armut des Ortes, der Perspektivlosigkeit, mangelnden Interesses seiner Bewohner und über die Orientierungslosigkeit und Vernachlässigung der heranwachsenden Generation erfolgen. Es dominiert immer noch Ausbeutung der Natur, statt regenerativer Nutzung der natürlichen Ressourcen.“ Klaus Braunert vom SIMBIOSIS – Mensch und Natur e.V.
Piso Firme ist ein Ort an der Grenze zu Brasilien, weit entfernt von größeren Orten mit besserer Infrastruktur und schwer erreichbar. Die Bewohner sind keine indigene Gemeinschaft, sondern die für das Tiefland von Bolivien typischen Mestizen, Reste indigener Bevölkerung und Zuwanderern aus dem Inneren des Landes. Verbindende Traditionen beschränken sich weitgehend auf die Ausübung religiöser Gemeinsamkeiten. Und außer dass sich die Vertreter politischer Parteien um Einfluss bemühen und Versammlungen abgehalten werden, besteht das öffentliche Leben eher aus als zufälligem Zusammentreffen. Die zahlreichen Kinder wachsen ohne Vermittlung von besonderen Werten oder Fähigkeiten auf. Sie sind weitgehend sich selbst überlassen und lernen das Wenige, das ihnen die Grundschule vermittelt und machen Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt und den Erwachsenen. Fähigkeiten, die ihnen ein besseres Verständnis ihrer Gesellschaft, der sie umgebenden natürlichen Lebensgrundlagen und zur erfolgreichen Teilhabe an der Gesellschaft erlernen sie zufällig oder gar nicht. An dieser Stelle setzt unsere Arbeit an.

Trotz der Schwierigkeiten, ein entfernt liegendes Projekt zu führen, ist das bisher Dank des besonderen Engagements der Bolivianerin Maribel Añez und ihres ständig weiter gewachsenen Interesses für diesen Ort gelungen. Sie ist zu Beginn jedes Jahr dort ein bis zweimal hingefahren und zunächst jedes Mal ca. drei bis vier Monate dort geblieben. In dieser Zeit hat sie ihre schon seit zwanzig Jahren bestehenden Verbindungen zu den Bewohnern intensiviert und setzt sich enthusiastisch für die Erhaltung des Standortes ein. Seit zwei Jahren lebt sie überwiegend in Piso Firme und nimmt den nur unter Hindernissen passierbaren Weg (besonders während der Regenzeit) nur auf sich, um in Santa Cruz de la Sierra notwendige Einkäufe zu tätigen, Behördengänge zu erledigen und auch, um ihre Familie zu besuchen. Mit den Bewohnern des Dorfes verbindet sie inzwischen Freundschaften unterschiedlicher Intensität. Einige, besonders eine Gruppe von Frauen, mit denen sie regelmäßig kooperiert, sind ihr freundschaftlich verbunden und helfen ihr bei ihren Bemühungen so gut sie können und es ihre Zeit neben der ihrer eigenen Existenzsicherung es ihnen erlaubt. Diese Aktivitäten umfassen auch Aktivitäten, die für alle von Vorteil sind, wie gemeinsames Brotbacken oder zusammen eingenommene Mahlzeiten. Maribel berichtet, dass der Ort nun ihre eigentliche Heimat geworden sei und sie sich nach den Jahren dieser Kooperation als Mitglied der Gemeinschaft verbunden und verpflichtet sieht. Sie hat das Leben dort als ihre Existenzform angenommen und auf das Leben in der Stadt verzichtet.

Maribel Añez erklärt ihre verschiedenen Aktivitäten:
- Mit den Kindern und Frauen, die Interesse zeigten und mitgemacht haben, hatte ich zunächst Zusammenkünfte organisiert, bei denen mit den oft einseitig, manchmal schlecht ernährten Kindern Essen zubereitet wird. Dabei werden die Themen erörtert, die unsere Aktivitäten dort begründen.
- Gesammelte und gekaufte Samen inzwischen seltener und wertvoller Bäume wurden und werden gesammelt und gemeinsam ausgesät und gepflanzt. Alles beginnt hier, damit wir Wachsen und Gedeihen beobachten können. Daraus entstehende Setzlinge werden an dafür geeigneten und frei gemachten Stellen im Wald gepflanzt. Jedes Kind wird mit der Aufgabe der Pflege eines Abschnitts betraut, denn trotz häufigem Regen und tropischer Temperaturen sind die Setzlinge vielen Gefahren, z.B. durch Schädlinge oder Überwucherung, ausgesetzt. Die Kinder lernen dabei etwas über die Biologie des Waldes, der verschiedenen Bäume und ihr Zusammenwirken in einem Biotop. Gleichzeitig wird eine Renaturierung der bisher ausgebeuteten Flächen angestrebt.
- Wir legten mehrere Gärten an. Dort werden Gemüse gezogen, die in dieser Gegend gedeihen: Tomaten, Paprika, Rettiche, die wir mit Ananas mischen. Großwüchsige Kulturen, die viel Platz benötigen wie Bananen, Kochbananen, Yucca und Melonen pflanzen wir auf freien Stellen im Wald. Möglichst viele Kinder sollen schließlich über einen gemeinsam angelegten Garten auf dem Grundstück der Hütte ihrer Eltern verfügen. Maribel kümmert sich um die Pflege der schon angelegten Gärten.
- Ein Vorschlag für etwas, das ich schon immer in Piso Firme machen wollte: Ich bemerkte, dass die Kinder dort hungern. Sie versuchen, den ganzen Tag zu fischen und tauschten dann ihre kleinen Fische in den zwei Esslokalen des Ortes gegen Brot. Aber man gab ihnen nur wenig dafür, wie ich beobachtete und es stört mich sehr, dass sie ausgenutzt wurden. Ich ließ daher einen landesüblichen Lehmbackofen bauen und backe dort mit einigen Frauen zusammen Brot. Alle Kinder, die mir beim Pflanzen und Pflegen der Bäume halfen, erhielten dafür ihre Brote. Die Idee mit dem Backofen und Backen war ohne Probleme zu bewerkstelligen.
- In einem Zeitraum von zwei Jahren warfen die Gärten einen Ertrag ab und einige der gepflanzten Mara- und Cedro Bäume werden denen, die sie gepflanzt haben, in späteren Jahren von Nutzen sein.
- Wie ich berichtet habe, wachsen die Kinder hier auf, ohne dass ihre Eltern sich viel um sie kümmern. Die Mädchen bekommen deshalb gewöhnlich mit dreizehn oder vierzehn Jahren ihr erstes Kind. Es wird weder über Verhütung noch sonstige Konsequenzen unerwünschter Schwangerschaften gesprochen, um mit Heranwachsenden dieses und andere für sie wichtige Fragen zu erörtern. Bei diesem Thema konnte Maribel im Laufe der Zeit ihr Vertrauen gewinnen und es hat sich Vieles zum Besseren geändert. Maribel berichtet, dass inzwischen einige Teenager die weiterführenden Schulen in Santa Cruz besuchen, ohne durch eine ungewollte, frühzeitige Schwangerschaft daran gehindert worden zu sein.
Projektträger: Simbiosis – Mensch und Natur e.V.
Förderjahr : seit 2016
Projektnr.: 68-16ro